loyalty programs

Warum manche Loyalitätsprogramme funktionieren – und manche nicht

Loyalitätsprogramme gibt es wie Sand am Meer.

Aufkleber beim Bäcker – bei 10 Brötchen gibt’s ein elftes gratis.

Punktesammeln beim Supermarkt nebenan. Bei 100 Punkten gibt’s das Besteck von WMF für 19,99€ statt 49,99€ – was immer noch teurer ist, als wenn man es im Internet direkt kauft.

Meilen fürs Fliegen bei Miles&More. Punkte fürs Autofahren mit MoveOn – und einen Kaffeegutschein an der nächsten Tankstelle. Aber nur, wenn man vorher bereits hunderte Kilometer gefahren ist.

Diese Belohnungen sind leider allesamt nicht besonders attraktiv. Der Punkt ist: Die meisten Loyalitätsprogramme sind wahnsinnig langweilig – und funktionieren nicht besonders gut. In diesem Artikel werde ich die Probleme typischer Loyalitätsprogramme erklären und einige Tipps geben, wie die Kundenbindung besser gelingen kann.

Extrinsische Loyalitätsprogramme funktionieren nicht

Es ist naheliegend, ein Kundenbindungsprogramm mit Punkten zu bauen.

Viele Loyalitätsprogramme funktionieren so – weil es einfach ist, Punkte für Transaktionen zu vergeben. Der Gedanke dabei ist immer der gleiche: Wenn die Kunden Punkte erhalten, ist das ein Mehrwert, und die Kunden sind in der Folge motiviert, noch mehr Produkte und Dienstleistungen zu kaufen, weil sie ja die Punkte haben wollen. Es könnte doch so einfach sein!

Leider sieht die Realität anders aus. In den USA ist der Durchschnittsbürger Teil von etwa 15 Loyalitätsprogrammen, aber er interagiert nur mit einem davon regelmäßig. Wie kann das sein?

Punkte sind eine extrinsische Belohnung. Das führt zu kurzfristigen, aber eben nicht sehr nachhaltigen Motivationen. Dazu kommt, dass die Punkte oft auf eine lineare Weise ausgeschüttet werden – der Nutzer sich also ausrechnen kann, wie lange es braucht, bis er eine bestimmte Anzahl an Punkten gesammelt hat. Auch das ist nicht sonderlich motivierend. Lineare Designs führen üblicherweise ziemlich schnell in die Langeweile.

Beispiel: Die Deutsche Bahn

Auch die Deutsche Bahn besitzt ein extrinsisches Loyalitätsprogramm, das ziemlich gut versteckt ist – möglicherweise ist die Bahn selbst nicht so ganz glücklich mit dem Programm, aber das ist nur eine Mutmaßung.

Das Bahnbonusprogramm funktioniert so:

Als Inhaber einer Bahncard wird man Teil dieses Programms – und erhält pro ausgegebenem Euro einen Punkt.

Für 750 Punkte kann man sich eine Sitzplatzreservierung in der ersten Klasse kaufen. Die einem postalisch zugeschickt wird. Das kann bis zu zehn Tage dauern. Wow!

Das Beispiel offenbart zwei Probleme typischer Loyalitätsprogramme.

Problem 1: Lineare Belohnungssysteme

Die Vergabe der Belohnungen erfolgt linear.Weil ein Nutzer weiß, dass die Sitzplatzreservierung 750 Punkte kostet, und auch weiß, dass 1 ausgegebener Euro in 1 Punkt resultiert, kann er sich leicht ausrechnen, dass die Sitzplatzreservierung 750 Euro kostet.

Das ist ziemlich viel Geld für eine Reservierung.

Die Mitglieder des Bahnbonusprogramms wissen also, wie viel Geld sie investieren müssen (750 Euro), um an die Punkte zu kommen (750 Punkte), mit denen sie sich dann eine Belohnung kaufen können (Sitzplatzreservierung). Ein solches lineares Design verringert die Motivation.

Das lässt sich leicht demonstrieren: In einem Experiment mit Affen beispielsweise installierte man einen Knopf im Käfig. Drückte der Affe den Knopf, kam eine süße Flüssigkeit aus einem Strohhalm. Der Affe drückte den Knopf so lange, bis er satt war.

In einem zweiten Versuch hatte der Knopf nur eine gewisse Chance, die süße Flüssigkeit freizusetzen. In diesem Fall drückte der Affe wieder und wieder auf den Knopf – auch dann noch, als er längst satt war. Nicht mehr die Flüssigkeit selbst, sondern das Gewinnen war zur Belohnung geworden. Mit anderen Worten: Der Affe wurde spielsüchtig.

Ähnliche Experimente mit Vögeln und Ratten haben die Ergebnisse bestätigt.

Menschen freilich funktionieren ganz ähnlich. Angenommen, man würde uns zwei Optionen anbieten: Ein blauer Knopf, der 2€ ausschüttet. Oder ein grüner Knopf, bei dem wir vielleicht nichts, vielleicht aber 10€ gewinnen können… die meisten Menschen würden wohl das Glücksspiel wählen.

Lineare Designs sind wenig motivierend und führen schnell zu Langeweile. Nicht-lineare Designs – also immer dann, wenn Wahrscheinlichkeiten im Spiel sind – erzeugen Vorfreude, Überraschung und sind aufregend.

Lineare Belohnungssysteme sprechen unser Emotionssystem viel weniger stark an als nicht-lineare Designs. Sobald Wahrscheinlichkeit im Spiel ist – sobald es eine Chance gibt, nichts zu gewinnen, aber eben auch eine Chance, sehr viel zu gewinnen, sind Menschen wie Tiere emotional aktiviert. Loyalitätsprogramme können sich diesen Umstand zunutze machen.

Problem 2: Extrinsische Belohnungen

Extrinsische Belohnungen sind solche, die von Außen an uns herangetragen werden. Wie Punkte, Geld, Status oder materielle Dinge. Wenn man versucht, Loyalität durch solche extrinsischen Werte herzustellen, dann kauft man sich die Loyalität buchstäblich.

Loyalität durch extrinsische Belohnungen ist gekaufte Loyalität. Sinkt die Belohnung oder fällt sie kurzzeitig aus, verringert sich die Loyalität.

Was aber passiert, wenn die Belohnung wegfällt, kleiner wird – oder zumindest nicht größer wird? Die Motivation sind – das ist ein inhärentes Merkmal des Extrinsischen.

Solche Loyalitätsprogramme, die vornehmlich – oder ausschließlich – extrinsische Belohnungen anbieten, tappen in eine Falle, die sie selbst auslegen: Der Kunde gewöhnt sich an die Belohnung. Bleibt sie aus, kommt zu unregelmäßig, oder steigt nicht, sinkt die Motivation, mit dem Programm zu interagieren, und infolgedessen auch die Loyalität.

Warum traditionelle Punkteprogramme nicht (mehr) funktionieren

Ein großes Problem von Loyalitätsprogrammen ist, dass man ihren Erfolg schwer messen kann. Wenn Kunden des Programms insgesamt loyaler sind – resultiert dies aus dem Programm, oder sind loyale Kunden von vornherein eher dazu geneigt, Loyalitätsprogrammen beizutreten? Vermutlich beinhalten die meisten Statistiken über den Loyalisierungseffekt systematische Fehler.

Glücklicherweise kann man sich zusätzlich auf die Psychologie berufen, um den Effekt traditioneller Kundenbindungsprogramme zu verdeutlichen – das Ergebnis fällt allerdings ernüchternd aus.

Bei extrinsischen, linearen Loyalitätsprogrammen wie dem der Deutschen Bahn sieht das Engagement der Nutzer in etwa so aus.

 

Engagement bei linearen und extrinsischen Loyalitätsprogrammen

 

Das Engagement, auf der vertikalen Achse dargestellt, fängt relativ gut an.

Ein potenzieller Kunde hört von dem Programm (Attention) und sieht sich die Belohnungen an, die es zu verdienen gibt. All diese tollen Dinge! Man muss nur einige Punkte verdienen, und schon kann man sich diese extrinsischen Belohnungen kaufen!

Am Beispiel der Bahn: Man muss nur fleißig Tickets kaufen, und dann verdient sich die Sitzplatzreservierung in der 1. Klasse fast von selbst! Denkt man. Und wird Mitglied (Reaction). Das Engagement ist hoch.

Aber dann merkt man, dass es doch sehr lange dauert, bis überhaupt mal genug Punkte für eine Belohnung zusammenkommen (Action). Man fängt an zu rechnen: 750 Punkte für eine Belohnung, die nur wenige Euro wert ist? Puh! Das Engagement sinkt.

Aus Unternehmenssicht ist es am besten, wenn die Kunden das Programm dann vergessen (Integration). Schlimmer ist, wenn sie frustriert werden.

Das Engagement fängt also gut an, und fällt dann recht schnell ab. Sobald der Kunde merkt, dass die extrinsischen Belohnungen teuer erkauft werden müssen, und dass der Weg dahin berechenbar (linear) lang ist, sinkt die Motivation, und damit die Loyalität.

Was hier passiert, ist das exakte Gegenteil dessen, was das Loyalitätsprogramm eigentlich erreichen sollte. Es erhöht das Engagement nicht. Es erhöht die Loyalität nicht. Es macht sie sukzessive zunichte. Das Loyalitätsprogramm schadet dem Business.

Moderne Loyalitätsprogramme erzeugen Engagement

Vergleiche den Graphen oben mit diesem hier.

 

Engagement bei nicht-linearen, intrinsischen Loyalitätsprogrammen

 

So sollte das Engagement eines Loyalitätsprogramms aussehen. Es sollte kontinuierlich steigen. Die Steigung muss nicht schon zu Beginn an besonders steil ausfallen – Loyalitätsprogramme funktionieren am besten, wenn sie nicht nur extrinsisch, sondern auch intrinsisch wirken, und intrinsische Motivationen benötigen Zeit.

Punkte, materielle Güter, Status – all das sind Dinge, die gut dafür geeignet sind, um Kunden relativ schnell in ein Programm hineinzubringen. Um die Erstmotivation, dem Programm beizutreten, zu erhöhen.

Wenn das Loyalitätsprogramm aber nicht mehr als diese extrinsischen Dinge zu bieten hat, wird es schnell langweilig. Vermutlich hat jeder schon mal bei einem Loyalitätsprogramm angemeldet, das extrinsisch und linear funktionierte, und dann relativ schnell die Lust und das Interesse daran verloren.

Der Schlüssel heißt: Intrinsische, nicht-lineare Erfahrung

Moderne Loyalitätsprogramme lassen die Reduktion auf Punkte, die linear ausgeschüttet werden, und in extrinsischen Belohnungen resultieren, hinter sich.

Stattdessen werden intrinsische, nicht-lineare Nutzungserfahrungen in den Vordergrund gestellt. Möglichkeiten dafür gibt es viele.

Eine davon ist die Nutzung der Community. Es ist erstaunlich, wie viele Loyalitätsprogramme die Tatsache, dass sie eine Community von teilweise vielen Tausend (kaum noch aktiven) Nutzern verfügen, völlig außer Acht lassen.

Die Interaktion mit anderen Menschen und die sich hieraus ergebenden Motivatoren – wie Lob, Hilfe, Anerkennung, Prahlerei, Kommunikation – wirken intrinsisch.

Manche Loyalitätsprogramme machen ihre Kunden auch zu aktiven Mitmachern – dergestalt, dass sie an neuen Produkten mitwirken können, neue Produkte testen können, Feedback geben können, oder bei einem Problem besonders gut behandelt werden.

Diese Dinge sind es, die echte Loyalität erzeugen. Wenn man Menschen von den Marken erzählen hört, die sie besonders klasse finden, dann sagen sie nie: “Weil ich da Punkte für meinen Einkauf bekomme.”

Das bedeutet nicht, dass Punkte per se schlecht sind. Wenn das Loyalitätsprogramm aber nur aus Punkten besteht, wird es nicht funktionieren.

Punkte und extrinsische Belohnungen sind sehr hilfreiche Tools für Loyalitätsprogramme, aber sie müssen mit intrinsischen Belohnungen gepaart werden. Loyalitätsprogramme müssen Wow-Momente schaffen. Das geht mit nicht-linearen (also überraschenden) Elementen, die intrinsisch wirken, am besten.

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Eine Antwort zu „Warum manche Loyalitätsprogramme funktionieren – und manche nicht“

  1. […] Punkteprogrammes komplex. Wenn aber einige Grundregeln befolgt werden, können Kunden erfolgreich loyalisiert und monetarisiert werden. Die folgenden 5 Features sind die Grundpfeiler eines jeden digitalen […]

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