Neue Kunden zu akquirieren ist zwischen 5 und 25 mal aufwendiger als bestehende Kunden zu halten. Die Zahl schwank je nach Industrie und je nach Studie, der man glauben schenkt.
Mit anderen Worten: Kundenloyalität ist deutlich wichtiger als eine gute Akquisestrategie. Wer seine Kunden nicht halten kann, brennt durch seine Zielgruppe durch, bis irgendwann niemand mehr übrig ist.
Kein Wunder also, dass immer mehr Unternehmen versuchen, Loyalitätsprogramme zur Kundenbindung aufzubauen. In diesem Artikel werde ich einige Beispiele für Loyalitätsprogramme vorstellen.
[powerkit_toc title=“Das ist hier drin“ depth=“2″ min_count=“4″ min_characters=“1000″]Um die Loyalitätsprogramme einordnen und bewerten zu können, müssen wir aber zunächst einen Blick auf die unterschiedlichen Loyalitätstypen werfen.
Denn nicht jedes Loyalitätsprogramm verfolgt die gleiche Strategie. Und nicht jedes Programm funktioniert gut. Tatsächlich sind viele Kundenbindungsprogramme ein Millionengrab. Andere hingegen führen zu einem deutlichen Umsatzplus loyalen und zufriedenen Kunden.
Der unterschiedlichen Loyalitätstypen
Hier ist eine Grafik, die ich für einen anderen Blogpost gemacht habe. Wer mehr über die Loyalitätstypen im Detail lesen will, klickt am besten hier.
Die Grafik beschreibt die Arten von Loyalität. Hier kommt die Kurzfassung.
Inertia Loyalty
Wenn Menschen zu träge sind, eine Marke zu wechseln, spricht man von der „Inertia Loyalty“. Das trifft etwa auf viele Handyverträge zu. Aber auch Strom- und Gasanbieter fallen darunter. Oft gäbe es günstigere Alternativen, aber die Kunden scheuen den Wechselaufwand – oder vergessen schlicht, zu wechseln. Solche „Loyalität“ kann leicht angegriffen werden. Sobald ein Konkurrent den Wechsel besonders einfach macht (Stichwort: Vergleichsportale), ist die Kundenbindung dahin.
Mercenary Loyalty
Viele Loyalitätsprogramme vergeben Punkte, die einen monetären Wert besitzen. Nutzer können diese Punkte in einem angebundenen Prämienshop ausgeben. Damit ist die Loyalität buchstäblich erkauft. Denn: Sobald ein anderes Loyalitätsprogramm bessere Belohnungen oder schlicht mehr Punkte anbietet, wechseln die Kunden.
Cult Loyalty
Von Cult Loyalty spricht man dann, wenn die Kundenbindung auf emotionalen Erfahrungen beruht – wie beispielsweise bei Apple oder Starbucks. Kunden sind loyal, weil sie sich mit der Marke identifizieren. Sie sind bereit, höhere Preise in Kauf zu nehmen und temporär Negativschlagzeilen zu dulden, weil sie mit der Marke ein Stück Lebensgefühl verbinden.
True Loyalty
Dies ist die Steigerung der Cult Loyalty. Die emotionale Verbindung zwischen Kunde und Marke ist hierbei noch stärker – beispielsweise, weil Kunden Kindheitserinnerungen mit der Marke haben. Manche Menschen sind beispielsweise einer bestimmten Automarke treu, weil schon der Großvater diese Marke gefahren ist. Die emotionale Kundenbindung ist hierbei am größten.
Loyalitätsprogramm Beispiel 1: Lidl Plus
Das Loyalitätsprogramm von Lidl Plus ist ein klassisches Beispiel für die Kategorie der Mercenary Loyalty.
Kunden können die Lidl Plus App downloaden und bei jedem Kauf an der Kasse Punkte sammeln. Diese Punkte können gegen Rabatte, die direkt in der App angezeigt werden, eingetauscht werden.
Zusätzlich stehen Rubellose zur Verfügung. Außerdem gibt’s einen Partnershop, in dem vergünstigte Angebote von anderen Anbietern gegen Punkte erworben werden können, wie beispielsweise einen 15%-Rabattcode für eine Fahrt im Flixbus.
Hinter solchen Partnerangeboten steckt oft ein Werbecharakter: Flixbus ist gern bereit, 15% Rabatt anzubieten, wenn es die Lidl Plus App dadurch als Akquisekanal für Neukunden nutzen kann. Möglicherweise zahlt Flixbus sogar an Lidl, um seine Gutscheine in der Loyalitätsprogramm-App platzieren zu dürfen.
Lidl hingegen lässt sich die Werbegutscheine mit Punkten bezahlen, wodurch der Loyalitätsprogramm-Ökonomie Punkte entnommen werden – was in geringeren Rückstellungen resultiert.
Einschätzung
Es ist im Bereich der Mercenary Loyalty einzuordnen. Die Loyalität der Nutzer wird durch Punkte erkauft. Emotionale Erfahrungen werden nicht erzeugt. Dadurch schafft das Programm einen Zusatzanreiz, bei Lidl einzukaufen – aber nur so lange kein anderer Supermarkt ein alternatives Programm anbietet, bei dem Kunden einen größeren Gegenwert für ihre Punkte erhalten.
Loyalitätsprogramm Beispiel 2: Payback
Payback ist eines der bekanntesten Loyalitätsprogramme in Deutschland. Es ist dem Loyalitätsprogramm Beispiel 1: Lidl Plus sehr ähnlich. Aber es gibt einem entscheidenden Unterschied.
Payback vergibt Punkte für monetäre Transaktionen. Immer dann, wenn Nutzer etwas kaufen, erhalten sie einen Teil des Wertes in Form von Punkten zurück. Diese Punkte lassen sich dann gegen Belohnungen im angeschlossenen Prämienshop einlösen.
Damit macht Payback erstmal nichts anderes als andere punktebasierte Programme.
Allerdings ist Payback ein Rahmenprogramm. Das bedeutet: Es ist nicht auf eine Marke beschränkt, sondern verknüpft viele Marken miteinander.
Hier kommt die Krux dabei: Während extrinsische, punktebasierte Loyalitätsprogramme wie Lidl Plus immerhin ein bisschen Loyalität gegenüber der ausführenden Marke etablieren (nämlich genau so lange, wie sich das Programm für den Kunden lohnt), macht Payback genau dies nicht.
Payback baut Loyalität gegenüber dem Programm auf – nicht gegenüber den Marken, die daran angebunden sind. Wenn ein Nutzer sich für die Punkte interessiert, diese aber ab morgen nur noch bei ALDI, nicht aber bei REWE ausgeschüttet werden – dann kauft der Kunde eben nun bei REWE ein. Auch dann, wenn er die letzten Monate immer zu ALDI gegangen ist.
Das soll nicht heißen, dass sich ein solches Loyalitätsprogramm für die teilnehmenden Firmen nicht lohnen kann. Aber: Sonderlich viel „Loyalität“ erzeugt es nicht.
Einschätzung
Loyalitätsprogramm Beispiel 3: Lancome
Lancome ist eine Marke für Beauty-Produkte. Auch sie haben ein Loyalitätsprogramm am Markt. Dieses bietet aber etwas mehr als die typischen Punkteprogramme.
Es ist ein gutes Beispiel für ein Loyalitätsprogramm, das in eine höhere Loyalitätskategorie als bloß die Mercenary Loyalty vorzudringen versucht.
Die Grundmechanik ist zwar die gleiche: Nutzer erhalten Punkte für jeden Dollar, den sie im Onlineshop von Lancome ausgeben. Aber das Programm hat noch mehr zu bieten.
Lancome vergibt nicht nur Punkte für Transaktionen – sondern auch für verhaltensbasierte Aktionen. Das sind beispielsweise Likes auf Facebook, oder positive Reviews.
Ein solches Kundenverhalten ist oft deutlich mehr wert als ein bloßer singulärer Kauf. Lancome kann dadurch seine Fans und Kunden nutzen, um neue Kunden anzuziehen und eine größere Marketing-Reichweite zu generieren.
Verhaltensbasierte Belohnungen haben aber noch einen ganz anderen Effekt.
Wenn ein Kunde einen Artikel bewertet – und dafür einige Punkte erhält -, gefällt ihm dieser Artikel anschließend noch besser, und wird ihn vermutlich wieder kaufen. Die Wissenschaft nennt dieses Phänomen die kognitive Konsistenz.
Einschätzung
Loyalitätsprogramm Beispiel 4: Microsoft
Auch Microsoft hat ein Loyalitätsprogramm: Microsoft Rewards. Es ist der Versuch, Kunden mit der Suchmaschine Bing vertraut zu machen und tiefer in das Produktportfolio von Microsoft einzuführen.
Dabei geht Microsoft noch einen Stück weiter als etwa das Loyalitätsprogramm Beispiel von Lancome.
Ja, es basiert zwar auch auf Punkten. Und ja, es gibt einen Prämienshop, in dem diese Punkte ausgegeben werden können. Aber Microsoft hat sich das Konzept der verhaltensbasierten Belohnungen wirklich zu Herzen genommen und eine ganze Reihe davon eingebaut.
Beispielsweise erhalten Nutzer Punkte, wenn sie die Bing-Suche benutzen.
Sie erhalten auch Punkte, wenn sie ein Quiz beantworten – davon gibt es jeden Tag ein neues. Und wer die Antwort auf eine Frage nicht kennt, kann – richtig geraten – die Bing-Suche nutzen, um die Antworten zu erbingen. Und erhält dann doppelt Punkte.
Die Punkte können dann in Gutscheine oder Gewinnspiellose eingetauscht werden. Letztere sind natürlich deutlich günstiger – aber meistens gewinnt man nichts.
Allerdings ist das Loyalitätsprogramm so konzipiert, dass sich Nutzer durch die Beantwortung der Quizzes und der Verwendung der Bing-Suche genug Punkte erspielen können, um pro Tag mindestens ein Gewinnspiel einzulösen.
Dadurch gibt es für Nutzer täglich etwas zu tun – und täglich können Punkte gegen eine Belohnung eingetauscht werden.
Das führt dazu, dass Nutzer eine Gewohnheit entwickeln – und positive Emotionen mit dem Loyalitätsprogramm von Microsoft verbinden.
Einschätzung
Loyalitätsprogramm Beispiel 5: Starbucks
Starbucks Rewards heißt das Loyalitätsprogramm der Kaffeekette. Auf einer Skala zwischen extrinsisch und intrinsisch lässt sich Starbucks Rewards definitiv auf der rechten Seite einordnen.
Es erzeugt viel mehr Emotionalität als andere Programme – und somit loyalere Kunden.
Aber warum ist das so?
Denn auf den ersten Blick macht Starbucks gar nicht so viel anders wie die anderen Beispiele für Loyalitätsprogramme: Es basiert auf Punkten. Zwar heißen die Punkte hier „Stars“, aber das Prinzip ist das gleiche. Ein Kunde kauft einen Kaffee in der Starbucks-Filiale – und erhält dafür entsprechende Sterne.
Allerdings hat Starbucks über die typischen Belohnungen (wie Gutscheine oder Produkte aus dem Prämienshop) hinaus viel mehr zu bieten. Nutzer erhalten persönliche Einladungen, Geburtstagsgeschenke und individualisierte Prämien.
Verbindet man diese Belohnungen mit der Wohnzimmer-Atmosphäre der Filialen und dem Beschreiben der Kaffeebecher mit dem Namen des Kunden, ergibt sich ein rundes Bild: Offensichtlich versucht Starbucks, nicht bloß Kaffee, sondern das Gefühl von Geborgenheit, Gemeinschaft und individueller Betreuung zu verkaufen.
Einschätzung
Loyalitätsprogramm Beispiel 6: Amazon
Das Loyalitätsprogramm von Amazon kennt eigentlich jeder. Nur würden die wenigsten Menschen es als ein Loyalitätsprogramm erkennen. Es nennt sich AmazonPrime.
Aber AmazonPrime nutzt doch gar keine Punkte! Stimmt. Und trotzdem ist es ein Loyalitätsprogramm – und dazu noch eines der besten, die es derzeit gibt.
Das Ziel eines Loyalitätsprogrammes ist es, seine Kunden zu loyalisieren. Punkte sind dabei bloß Mittel zum Zweck. Ebenso der Prämienshop – oder alle anderen Inhalte eines Loyalitätsprogrammes. Sie dienen alle dem gleichen Ziel: Kunden loyal zu halten und zu mehr Käufen anzutreiben.
Nun, AmazonPrime macht genau das! Teilnehmer erhalten einen superschnellen Versand, Zugriff auf ein großes Film- und Musikangebot und ein Vorzugsrecht auf Warehouse-Deals. Außerdem gibt es die speziellen Primedeals, die nur Programmteilnehmern vorbehalten sind.
Diese Vorteile sind für Kunden so wertvoll, hat Amazon bemerkt, dass es sie gar nicht ontop für langjährige Kunden kostenfrei anbieten muss. Nein, Amazon dreht den Spieß einfach um: Kunden müssen, um Teil von AmazonPrime zu werden, bezahlen. Ziemlich clever.
Einschätzung
Fazit
Das waren 6 Beispiele für Loyalitätsprogramme zur Kundenbindung. Sie alle haben das gleiche Ziel – und doch völlig andere Herangehensweisen.
Vor dem Hintergrund eines immer größer werdenden Angebots verschiedener Produkte und Dienstleistungen und der einfachen Vergleichsmöglichkeit von Konkurrenzangeboten durch das Internet wird der Faktor der Kundenloyalität immer wichtiger.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass auch immer mehr Firmen versuchen, die Kundenbindung durch ein Loyalitätsprogramm zu erhöhen.
Viel zu oft aber wird hierbei auf das uninspirierte Standardkonzept der Punkteprogramme mit angebundenem Reward Shop zurückgegriffen. Dass das nicht nachhaltig ist, zeigt eine Studie aus den USA: Der Durchschnittsbürger ist dort Teil von 15 Bonusprogrammen – und nutzt nur eines davon regelmäßig.
Der Grund dafür: Zu viel extrinsische Motivation, zu viele Punkte und Prämienprogramme, die neben Gutscheinen oder kleinen Vergünstigungen es nicht schaffen, Emotion und positive Erlebnisse zu kreieren – und daher schnell in Vergessenheit geraten.
Dass es besser geht, zeigen Ansätze wie AmazonPrime, Starbucks Rewards, aber auch Microsoft Rewards, die alle neue Wege gehen – und Erfolg damit haben.
[…] Daher kann es sich für manche Unternehmen lohnen, in emotionalere und dadurch nachhaltigere Loyalität zu investieren – wie das funktioniert, habe ich in einem eigenen Artikel zum Thema Kundenbindungsprogramme aufgeschrieben. […]