Als ich zum ersten Mal vom Microsoft Rewards Programm hörte, dachte ich: Nicht schon wieder ein langweiliges Punkteprogramm.
Aber Microsoft Rewards ist erfrischend anders. Ja, es basiert auch auf Punkten, dennoch macht es Spaß und ist motivierend.
Es führt sogar zu dem Verlangen, auch am nächsten Tag wieder vorbei zu schauen.
Das schaffen nur die wenigsten Programme. Microsoft Rewards nutzt hierbei die Techniken des Digital Engagement geschickt aus, um seine Nutzer von Beginn an in einen motivierenden Activity Loop zu involvieren.
Trotzdem ist das Bonusprogramm bei Weitem nicht perfekt. Mit einigen Kniffen könnte es noch deutlich effektiver sein, seine Kunden langfristig zu binden. Der Ansatz aber stimmt – er ist gut genug, dass etwa Max Short die Wertung 88/100 vergeben hat.
Wie hat der Softwarekonzern das hinbekommen? In diesem Post werde ich näher darauf eingehen, wie Microsoft Rewards versucht, Google Konkurrenz zu machen.
[powerkit_toc title=“Das ist hier drin“ depth=“3″ min_count=“4″ min_characters=“1000″]Was ist Microsoft Rewards?
Im Kern ist Microsoft Rewards ein typisches Loyalitätsprogramm. Nutzer erhalten Punkte für verschiedene Tätigkeiten und können diese in einem Prämienshop einlösen.
Auf den zweiten Blick macht das Programm aber einiges anders, als es Mitglieder solcher Bonusprogramme gewohnt sind.
Punkte gibt es nämlich nicht nur für Transaktionen, wie wir es etwa von Payback oder dem Bahnbonusprogramm kennen, bei dem jeder ausgegebene Euro in einem Punkt resultiert.
Punkte, Quizzes und Ziele
Bei Microsoft gibt es Punkte auch dann, wenn man nichts anderes tut, als die BING-Suchmaschine zu benutzen.
Außerdem werden Quizzes angeboten in Form leichter Multiple-Choice Aufgaben, die weitere Punkte ausschütten.
Nutzer können auch Ziele festlegen. Das sind Belohnungen aus dem Prämienshop, auf die man hinarbeiten möchte. Der Fortschritt, wie viele Punkte fehlen, um die Belohnung einlösen zu können, wird dann in einer Progressbar visualisiert.
Überhaupt, auch bei den Prämien wagt sich Microsoft aus dem Fahrwasser traditioneller Loyalitätsprogramme hinaus. Neben den genretypischen Wertgutscheinen (etwa für Skype oder Galeria Kaufhof), können Nutzer virtuelle Rubbellose erwerben, die entweder gar nichts, ein paar neue Punkte, oder wertvollere Prämien wie beispielsweise eine Xbox einlösen können.
Wie nutzt Microsoft Rewards Digital Engagement?
Digital Engagement – manchmal auch Gamification genannt – versucht Menschen stärker zu motivieren, mit einem Produkt zu interagieren. Das führt zu einer intensiveren Nutzung der digitalen Produkte, und in der Folge zu mehr Umsatz.
Microsoft Rewards macht hierbei vor allem zwei Dinge gut:
- es bietet verhaltensbasierte Belohnungen an
- und es besitzt ein motivierendes Onboarding, das Neumitglieder richtig „abholt“
Sehen wir uns diese beiden Besonderheiten etwas genauer an!
Besonderheit #1: Verhaltensbasierte Belohnungen
Viele Loyalitätsprogramme versprechen Interessenten das Blaue vom Himmel (wir haben die allerbesten Prämien). Dann werden diese Interessenten zu Mitgliedern. Und dann passiert: Nichts. Abgesehen vom transaktionsbasierten Sammeln und Ausgeben der Punkte gibt es meistens nichts zu tun.
Microsoft Rewards macht das besser: Das Programm vergibt auch dann Punkte, wenn man bestimmte Aktionen ausführt, die nicht direkt an einen monetären Wert geknüpft sind.
Die angesprochenen BING-Suche zum Beispiel. Es reicht, ein Suchwort bei BING einzugeben, auf „Suchen“ zu drücken, und schon wandern 5 Punkte auf das virtuelle Konto.
Dadurch schafft das Programm eine Interaktionsfrequenz, die auf Basis transaktionaler Belohnungen so nicht zu erreichen wäre.
Das gleiche gilt für die Belohnungen: Die Rubbelkarten adressieren den Spieltrieb, und wer keine Lust hat, auf die teureren Wertgutscheine zu sparen, kann seine Punkte immerhin in das virtuelle Gewinnspiel investieren.
Es gibt täglich etwas zu tun
Theoretischen lassen sich allein durch die BING-Suche und Quizzes täglich genug Punkte sammeln, um mindestens ein Rubbellos zu kaufen.
Natürlich werden auch Punkte für Transaktionen vergeben. Wer Geld im Microsoft-Store ausgibt, erhält auch dafür Punkte.
Aber wie häufig kauft man dort ein? Um relevant zu bleiben, muss das Loyalitätsprogramm eine hohe Nutzungsfrequenz erzeugen, und verhaltensbasierte Belohnungen sind dafür perfekt geeignet.
Denn nicht nur gibt Microsoft Rewards seinen Mitgliedern einen guten Grund, täglich mit dem Programm zu interagieren – was eine Gewohnheit erzeugt.
Zusätzlich dazu lohnt es sich für Nutzer, BING statt Google zu benutzen. Das ist genau das, was Microsoft will.
Viele Betreiber von Loyalitätsprogrammen machen den Fehler, nur Transaktionen zu belohnen. Das Belohnen jenes Nutzerverhaltens, das in der Folge zu mehr Umsatz führt, ist aber häufig der bessere Weg.
Besonderheit #2: Ein motivierendes Onboarding
Die ersten Schritte in einer neuen Experience sind meistens die allerwichtigsten.
Nutzer achten sehr genau darauf, ob das Programm Spaß macht, ob es motivierend ist, und ob es Wert ist, Zeit damit zu verbringen.
Bei vielen Programmen lautet das Kundenfazit meistens: Nein.
Das liegt daran, dass die meisten Programme kein Onboarding haben. Das bedeutet: Sie stellen keine besondere Nutzungserfahrung für Neumitglieder bereit.
Microsoft Rewards macht das deutlich besser.
Nutzer wollen an die Hand genommen werden
Das Programm zeigt neuen Mitgliedern übersichtlich auf, was sie alles tun können. Beim erstmaligen Anmelden ploppen kleine Übersichtskarten auf, die dem Nutzer signalisieren: Schau mal her, das kannst Du hier alles tun!
Das bloße Anklicken und Ausprobieren dieser virtuellen Karten schütten Punkte aus.
Dadurch wird sichergestellt, dass Nutzer die Funktionsweise verstehen, ohne sich durch eine Anleitung zu quälen. Wer will nicht entdecken, wie man am schnellsten an die wertvollen Prämien kommt, und dabei direkt einige Punkte einstreichen?
Nachdem Nutzer gelernt haben, was es in Microsoft Rewards – neben dem Ausgeben von echten Euros – alles zu tun gibt, können sie direkt loslegen: BING-Suchanfragen stellen und Punkte erhalten. Quizzes beantworten und Punkte erhalten. Ein Ziel festlegen und Punkte erhalten. Den Prämienshop besuchen und Punkte erhalten. Sogar ein Rubbellos können sie sofort spielen, das erste gibt es nämlich umsonst.
Auf diese Weise schafft es das Programm, Interesse zu generieren. Nutzer werden Mitglied und bauen sofort eine positive Verbindung auf. Wo andere Loyalitätsprogramme nur gähnende Leere bieten, offeriert Microsoft Rewards neuen Mitgliedern ein reichhaltiges Angebot und demonstriert Wertschätzung.
In der Folge springen viel weniger Nutzer ab, weil Nutzer sofort Erfolge sehen.
Die Digital Engagement Mechaniken im Detail erklärt
Bei jeder erstmaligen Nutzung eines digitalen Systems sind Nutzer besonders kritisch und sensibel für negative Erfahrung. Deshalb sollten alle ihre Aktionen gelobt und bestätigt werden.
Im Rahmen des Digital Engagements und der Gamification werden diese Bestätigungen auch Win-States genannt. Werden die Win-States mit den gewünschten Aktionen verknüpft, steigt die Chance, dass Nutzer diese Aktionen ausführen, an.
Die grundlegende Formel kann man so zusammenfassen: Desired Action -> Win-State -> Trigger -> Desired Action -> usw.
Nutzer sollen ganz bestimmte Dinge tun
Microsoft Rewards verknüpft im Onboarding (also dem Kennenlernen des Programms) nahezu alle gewünschten Funktionen mit einem Win-State.
Um das zu verstehen, können wir uns kurz vor Augen halten, welche Ziele das Programm am Anfang verfolgt. Nutzer sollen
- Mitglied werden
- verstehen, wie Punkte gesammelt werden können
- die einzelnen Prämien ansehen
- eine Motivation entwickeln, auf wertvolle und teure Prämien hinzuarbeiten
- das Programm als Positiverlebnis abspeichern
- motiviert werden, auch am nächsten Tag zum Programm zurückzukehren
Es ließen sich noch weitere Aktionen auflisten, die Nutzer ausführen sollen, aber zu Demonstrationszwecken soll diese Auflistung reichen.
Für Microsoft sind alle diese Aktionen wichtig. Klar, das übergeordnete Ziel ist es, die Kunden zu monetarisieren. Aber um das zu erreichen, müssen die Nutzer erstmal beginnen, regelmäßig mit dem Programm zu interagieren. Sie müssen gehooked werden. Mit anderen Worten: Das Programm muss eine so große Faszination entfalten, dass Nutzer gewillt sind, immer wieder dahin zurückzukehren.
Auf diese Weise kann Microsoft stetig immer mehr Daten sammeln, die Nutzer Stück für Stück an neue Microsoft-Services heranführen und nach und nach die Gewohnheit herausbilden, BING anstelle von Google zu nutzen (weil es fürs BINGEN Punkte gibt, fürs Googlen nicht).
Gewünschte Aktionen mit Win-States verknüpfen
Die oben aufgelisteten Aktionen sind also elementar wichtig. Führt der neue Nutzer diese nicht aus, ist die Gefahr groß, dass er aussteigt und das Programm vergisst.
Also muss das Programm seine Nutzer für genau jene Aktionen belohnen, die in der Folge dazu führen, dass diese Nutzer zu langjährigen Mitgliedern werden!
Gewünschte Aktionen resultieren in Punkten
Jede der erwünschten Aktionen ist daher an einen Win-State geknüpft.
Die Liste ließe sich fortführen. Die Grundidee ist: Ab der Anmeldung werden Nutzer in einen motivierenden Activity Loop involviert. Ganz nebenbei lernen sie das Programm kennen, erleben ihren ersten Erfolg und setzen sich ein Prämienziel.
Wo andere Programme nur eine leere Benutzeroberfläche bieten, die darauf wartet, dass Kunden etwas kaufen, geht Microsoft Rewards einen anderen Weg: Durch verhaltensbasierte Belohnungen und ein Onboarding, das den Nutzer an die Hand nimmt, erzeugt es Engagement.
Wie kann das Digital Engagement noch weiter verbessert werden?
Ist dann also alles prima? Ist Microsoft Rewards das beste Loyalitätsprogramm der Welt?
Nein.
Es hat gute Ansätze, aber es könnte durch ein paar simple Kniffe verbessert werden. Verhaltensbasierte Belohnungen und ein motivierendes Onboarding führen dazu, dass sich Nutzer initial mit dem Programm auseinandersetzen.
Aber bleiben sie über einen langen Zeitraum treu? Vermutlich nicht.
Ich habe keine konkreten Daten und kann daher nur mutmaßen. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Microsoft Rewards nach einigen Tagen und Wochen einen großen Teil seiner Nutzer verliert.
Das ist immer noch besser als der Durchschnitt, die meisten Programme verlieren ihre Nutzer noch am ersten Tag. Aber wirklich zufrieden kann man damit trotzdem nicht sein.
Um zu verstehen, warum das so ist, lohnt sich ein Blick auf die Natur der menschlichen Motivation.
Extrinsische Versus Intrinsische Motivation
Die Motivation von Menschen, zu handeln, lässt sich in zwei grundlegende Kategorien einteilen: Extrinsisch und intrinsisch.
Extrinsische Motivationen sind solche, die von außen kommen. Geld, Macht und Status sind typische Beispiele.
Solche Motivationen erzeugen meistens eine gewisse Dringlichkeit und aktivieren unser Emotionssystem kurzzeitig sehr stark. Daher macht es auch Sinn, dass viele Loyalitätsprogramme mit ihren Prämien werben: Wir sehen die potentiellen Belohnungen und denken: Ja, das hätte ich auch gerne! Und werden Mitglied.
Um Nutzer aber langfristig zu binden, sind intrinsische Motivationen nötig. Das ewige Arbeiten auf Belohnungen hin wird irgendwann langweilig, vor allem deshalb, weil es lange dauert. Gibt es sonst nichts zu tun, vergessen Mitglieder das Programm.
Microsoft Rewards bietet zwar verhaltensbasierte Belohungen und verschiedene Möglichkeiten, Punkte zu verdienen. Diese sind aber extrinsisch.
Die Strategie ist immer die gleiche: Mache täglich ein paar BING-Suchen, erledige ein Quiz und spiele ein Rubbellos. Das mag ein paar Tage lang funktionieren, aber für langfristiges Engagement ist das einfach zu wenig.
Strategische Möglichkeiten, Sozialfunktionen, Verwirklichung, Kreativität, Überraschungen – solche Dinge sind es, die intrinsische Motivation erzeugen. All das aber fehlt bei Microsoft Rewards.
Zwar kann man seinen Account mit dem seiner Familienmitglieder verknüpfen. Man nimmt dann aber an einer Rangliste teil, was eine weitere extrinsische Motivation ist.
Verbesserungen für Microsoft Rewards
Was genau könnte Microsoft Rewards nun tun, um die Motivation seiner Nutzer, mit dem Programm zu interagieren, noch weiter zu erhöhen? Wie könnte der Softwarekonzern es schaffen, nicht nur die ersten paar Tage, sondern auch die darauf folgenden Wochen und Monate Nutzer zu begeistern und immer wieder anzulocken?
Die Möglichkeiten sind nahezu endlos. Hier sind drei Richtungen, in die gedacht werden kann, um dem Programm mehr intrinsische Motivation hinzuzufügen.
Soziale Funktionen sind meistens sehr motivierend – es ist kein Zufall, dass die sozialen Medien so beliebt sind. Aber auch andere Plattformen wie YouTube nutzen Sozialfunktionen wie Kommentare und Bewertungen.
Obschon Microsoft Rewards sicherlich viele Mitglieder hat, merken die Nutzer davon nichts. Für sie fühlt sich das Programm wie eine Einzelspieler-Erfahrung an. Dadurch wird viel Potential verschenkt. Funktionen wie Social Gifting, Status, Soziale Interaktion, Bewertungen oder soziale Vergleiche können sehr motivierend sein.
Microsoft Rewards bietet zwar mehrere Möglichkeiten, Punkte zu erhalten, aber der grundsätzliche Activity Loop ist dennoch sehr linear: BING, Quizzes, Rubbellos. Jeden Tag das gleiche. Motivierender wäre es, wenn Nutzer verschiedene Strategien verfolgen könnten, um ihre Ziele zu erreichen.
Jeder liebt Überraschungen. Die Rubbellose sind ein guter Ansatz, aber man könnte so viel mehr machen. Wie wäre es mit einem wöchentlichen Superlos, wenn man sich einloggt? Kombiniert man dies mit einer kleinen Erinnerungsmail, würde die Rate der wöchentlichen Nutzer drastisch ansteigen.
Das sind nur einige Ideen, über die ich bl0ß ein paar Minuten lang nachgedacht habe. Würde man mehr Zeit investieren, ließen sich hunderte von Funktionen identifizieren, welche die Interaktionsmotivation der Nutzer noch weiter steigern können.
Aber immerhin: Microsoft tut schon deutlich mehr, als die meisten traditionellen Loyalitätsprogramme, weil es begonnen hat, die Prinzipien des Digital Engagements für sich zu nutzen.
Zusammenfassung: Digital Engagement bei Microsoft Rewards
Trotz meiner Kritik halte ich Microsoft Rewards für ein durchaus gelungenes Loyalitätsprogramm. Es könnte zwar noch deutlich besser sein, aber die Entwickler haben auch vieles richtig gemacht.
Verhaltensbasierte Belohnungen und ein gutes Onboarding sind Dinge, die viele Prämienprogramme vermissen lassen.
Microsoft hat verstanden, dass die gewünschten Interaktionen mit Win-States verknüpft werden müssen, um das Kundenverhalten stetig und immer wieder zu belohnen.
In der Folge erhöht sich die Motivation der Nutzer, mit dem Programm zu interagieren. Dieses Grundprinzip des Digital Engagements funktioniert natürlich nicht nur für Loyalitätsprogramme, sondern für grundsätzlich alle digitalen Produkte.