In manchen Hotels hasse ich es zu duschen.
Nun, vielleicht hasse ich es nicht, aber es gibt Hotels, die mir den Morgen versauen, selbst wenn alles andere perfekt passt: Ein schönes, großes, ruhiges Zimmer. Ein weiches Bett. Eine leise Klimaanlage. Ein helles Bad. Und trotzdem kann die Dusche alles zunichte machen.
Wenn das Hotelmanagement darauf Wert legen würde, könnte es auf einfache Weise die Experience tausender Kunden verbessern. Das gilt nicht nur für Hotels, sondern für alle Produkte – vor allem solche, die digital sind. Es geht um Fast-Feedback. Zu Deutsch: Direkte Rückmeldungen.
Durch Fast-Feedback lassen sich viele digitale Produkte auf einfache Weise stark verbessern. Fast-Feedback werden manchmal auch als Gamification-Mechaniken bezeichnet – weil Computerspiele besonders gut darin sind, Fast-Feedback zu geben und die Interaktion mit dem Spiel auf diese Weise positiver, motivierender und spaßiger zu gestalten.
[powerkit_toc title=“Table of Contents“ depth=“2″ min_count=“4″ min_characters=“1000″]Slow Feedback oder: Heiß, Kalt, Superheiß, Lauwarm
Ich stehe also unter der Dusche und versuche, die Wassertemperatur einzustellen. Erst schießt es eiskalt aus dem Hahn. Ich drehe nach links, in Richtung des roten Balkens. Es passiert nichts.
Also drehe ich weiter. Dann ändert sich die Temeperatur schlagartig. Viel zu heiß! Also von vorne: Langsam hochdrehen. Bis man die richtige Temperatur gefunden hat, können manchmal gefühlte Minuten vergehen.
Vermutlich hat das jeder schon erlebt. Das Problem liegt in der langsamen Reaktion der Wassertemperatur, die nur gemächlich der Drehung des Hebels folgt. Mit anderen Worten: Die Wassertemperatur ist ein Optimierungsproblem im Sinne des Fast-Feedback!
Auch im Sport sind viele Dinge nicht so spaßig, wie sie sein könnten, weil das Feedback zu lange dauert. Kraftsportler kennen das: Sie heben Gewichte, schauen auf ihre Muskeln, und sehen: Nichts. Es dauert Wochen und Monate, bis das regelmäßige Training in gut sichtbaren Muskelzuwächsen resultiert.
Fürs Abnehmen gilt das gleiche: Heute weniger essen, morgen schon sichtbar schlanker sein? So funktioniert das nicht. Die Körperprozesse sind langsam, ein direktes Feedback fehlt. Ob man die richtigen Gewichte gestemmt oder die richtige Menge Nahrung ausgelassen hast, weiß man erst sehr viel später.
Viele Menschen geben daher vorzeitig auf. Es ist eben nicht so einfach, wochenlang motiviert Gewichte zu stemmen oder kalorienreduziert zu essen, wenn sich visuell gar nichts tut. Wie viel motivierender wäre es, wenn der Körper ein kleines Display besäße, das sofort Rückmeldung gibt: Gut gemacht, das läuft!
Fast-Feedback im Business-Alltag
Die Körperprozesse sind, wie sie sind. Andere Optimierungsprobleme lassen sich aber lösen.
Oftmals sind die Änderungen, die vorgenommen werden müssen, nur marginal – ihre Wirkung hingegen kann sehr groß sein. Es ist erstaunlich, wie viele Prozesse von langsamen und demotivierenden Feedback-Zyklen geprägt sind. Ich werde drei Beispiele vorstellen, wie man durch Fast-Feedback im Business Alltag
- die Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen
- die Kundenzufriedenheit erhöhen und
- den Produktumsatz erhöhen kann.
Das sind natürlich nur Beispiele – man kann noch viele tausend Dinge mehr tun. Sie sollen aber verdeutlichen, was Du ganz konkret tun oder in Deinem Unternehmen anstoßen kannst.
Beispiel 1: Mitarbeiterzufriedenheit durch Fast-Feedback erhöhen
In den meisten Unternehmen gibt es feste Zeiten, zu denen ein Mitarbeitergespräch erfolgt.
Typischerweise am Ende des Jahres – das Endjahresgespräch. Oder am Ende eines Projektes – das Projektendgespräch. Oder im Streitfall. Das Schlichtungsgespräch.
All dies sind Gespräche, die sich durch langsames, zeitversetztes Feedback auszeichnen. Nehmen wir das Endjahresgespräch: Welcher Chef weiß dann noch genau, was am Anfang oder in der Mitte des Jahres genau passiert ist? Vermutlich wird auf die letzten Wochen eingegangen, weil die noch am präsentesten sind, und es wird allgemeines ‚Feedback‘ gegeben.
Mit anderen Worten: Die Rückmeldung, die der Mitarbeiter erhält, sind kaum noch mit den eigentlichen Tätigkeiten verbunden. Im Januar etwas zu tun, um im Dezember desselben Jahres ein Feedback zu erhalten, ist nicht unbedingt motivierend.
Es ist vielmehr frustrierend – genau so frustrierend, wie das Wasser warm zu stellen, ohne dass etwas passiert, nur damit es einige Sekunden später plötzlich viel zu heiß wird. Viele Mitarbeiter mögen das Endjahresgespräch daher auch nicht. Sowohl für die Mitarbeiter, als auch für die Vorgesetzten, ist es eher ein Ärgernis, das ihnen von der Personalabteilung aufgedrückt wurde. Bei so langen Feedback-Schleifen fällt die Rückmeldung weder sinnvoll, noch motivierend aus.
Wenn ich etwas tue, möchte ich doch möglichst zeitnah wissen, wie gut es war. Und nicht erst am Ende des Jahres. Da habe ich doch bereits das meiste wieder vergessen.
Manche Firmen gehen daher dazu über, das Endjahresgespräch durch regelmäßiges Kurzfeedback zu ersetzen. Je kürzer die Feedback-Schleife, desto besser. Aber die meisten halten an den typischen Endjahresgesprächen fest. Als Folge fühlen sich die Mitarbeiter weniger gewertschätzt und können schlechter aus positivem und negativem Verhalten lernen.
Im Sinne des Fast-Feedbacks wäre daher mein Vorschlag
- Endjahresgespräch streichen
- Regelmäßige Kurzgespräche einführen
- Aktive Feedback-Kultur einführen – ein kurzes „Hey, das war klasse. Weiter so!“ ist viel effektiver, als ein Standard-Feedback-Bogen am Ende des Jahres
- So schnell wie möglich auf positives und negativen Verhalten proaktiv reagieren
Das geht entweder mit digitelen Hilfsmitteln, oder ganz simpel face-to-face. Feste Feedback-Zeiten wie Endjahresgespräche führen aber dazu, dass Feedback oft ausbleibt, ‚weil es ja am Ende in einem Rutsch gegeben wird‘. Auf Basis der Motivationsforschung wissen wir, dass das nicht gut funktioniert.
Beispiel 2: Kundenzufriedenheit durch Fast-Feedback erhöhen
Auf Kundenanfragen schnell zu reagieren ist wichtig. Besonders dann, wenn der Kunde etwas zu bemängeln hat. Ein besonders gutes Beispiel für Fast-Feedback im Bereich Kundenzufriedenheit habe ich bei der Telekom erlebt.
Obschon deren Umgang mit Problemen längst nicht perfekt ist, machen sie eine Sache richtig gut.
Als ich in diesem Jahr einige Verbindungsprobleme hatte und eine Störungsmeldung auf der Telekom-Webseite eingereicht habe, erreicht mich etwa 30 Minuten später folgende Mail.
Es ist unwahrscheinlich, dass sich tatsächlich ein Telekom-Mitarbeiter innerhalb dieser kurzen Zeit mein Problem angeschaut hat. Ich habe zu Testzwecken anschließend noch eine zweite Störungsmeldung eingereicht und genau die gleiche Nachricht nach etwa 30 Minuten erhalten.
Vermutlich werkelt dort im Hintergrund einfach ein System, was die Meldung automatisiert rausschickt. Dennoch erzeugte sie bei mir ein gutes Gefühl, weil die E-Mail vermittelte: Wir sind dran, wir kümmern uns, wir haben direkt angefangen!
Ein gelungenes Beispiel für die erfolgreiche Implementierung des Fast-Feedbacks im Sinne der Gamification.
Beispiel 3: Produktvorteil durch Fast-Feedback erzielen
Überweisungen dauern üblicherweise 1-2 Werktage. Wer schnell Geld transferieren möchte, weicht daher auf alternative Zahlungsmethoden aus. Für Nutzer von eBay beispielsweise ist es wichtig, Zahlungen sofort zu verifizieren, damit die Artikel umgehend verschickt werden können.
Die Banken haben es bisher nicht hinbekommen, ein System zu etablieren, das Fast-Feedback für Überweisungen anbietet. Also haben es andere getan – wie beispielsweise Paypal.
Paypal schickt dem Sender und dem Empfänger umgehend eine E-Mail, sobald Geld transferiert wurde. Üblicherweise dauert das nur einige Sekunden.
Neben anderen Vorteilen – wie etwa der Tatsache, dass keine ellenlange IBAN-Nummer, sondern bloß eine E-Mail-Adresse als Zahlungsempfänger eingegeben werden muss – ist dies einer der Hauptgründe, warum so viele Menschen Paypal nutzen.
Für Paypal ist die langsame Feedback-Schleife der traditionellen Banken bei der Geldüberweisung ein echtes Geschenk. Die Banken täten gut daran, diesen Geschäftsmodellen ein eigenes, kundenfreundliches Produkt, das Fast-Feedback unterstützt, entgegenzusetzen.
Wie kann ich Fast-Feedback für mein Unternehmen nutzen?
Fast-Feedback erhöht das Engagement. Je schneller und direkter ein Feedback ausfällt, desto motivierender ist die Interaktion mit einem Prozess oder Produkt.
Natürlich ist die Implementierung von Fast-Feedback nur ein Punkt von vielen, um die Business KPIs zu verbessern, aber nicht selten sind Fast-Feedback-Schleifen einfache und kostengünstige Optimierungen, die schnell implementiert werden können und gleichzeitig große Gewinne versprechen.
Wie können Fast-Feedback-Schleifen besonders leicht implementiert werden? Und fast genau so wichtig: Wie finde ich überhaupt heraus, wo ich ansetzen muss?
Folgende Schritte können Dir helfen, loszulegen und Fast-Feedback zu implementieren.
1. Identifiziere die Tätigkeit, die ein Feedback benötigt
Theoretisch kann dies alles sein. Aus einer Business-Sicht sind es aber vor allem jene Tätigkeiten, die erwünscht sind, oder die besonders positiv hervorgehoben werden sollen.
Die Telekom tut gut daran, das Melden einer Störung so angenehm wie möglich zu machen, um zu signalisieren: Hey, wir kümmern uns! Und Paypal versucht, seine Kernkompetenz positiv aufzuladen, indem es zeigt: Hey, Überweisungen sind so einfach!
Du musst herausfinden, welche Dinge es sind, die durch Fast-Feedback verbessert werden sollen. Die Kaufentscheidung des Kunden? Die Nutzung des Produkts? Die Interaktion eines Mitarbeiters mit einem digitalen System?
Wenn diese Frage geklärt ist, kann die nächste beantwortet werden.
2. Identifiziere die Information, die am meisten benötigt wird
Welche Art von Rückmeldung will ich bekommen? Rückmeldungen können ganz unterschiedlich ausfallen.
Ein und das selbe Produkt kann außerdem zahlreiche Rückmeldungen im Sinne des Fast-Feedback besitzen. Nehmen wir als Beispiel die Computermaus.
- Wenn ich mit der Maus klicke, höre ich durch das Geräusch sofort, ob der Klick ausgeführt wurde
- Wenn ich das Mausrad drehe, spüre die die einzelnen Drehimpulse
- Wenn ich mit der Maus über einen Button fahre, verändert dieser seine Farbe
- Wenn ich die Maus bewege, bewegt sich der Mauszeiger auf dem Bildschirm sofort mit
Man stelle sich vor, einer der oben genannten Punkte hätte eine deutliche Verzögerung. Dann würde die Benutzung der Maus zum Alptraum und wäre sehr frustrierend.
Welche Information ist für Dein Produkt oder Prozess am wichtigsten?
3. Überlege, in welchem Zeitrahmen die Information benötigt wird
Normalerweise: Je schneller, desto besser. Meistens geht es um Sekunden.
Das Klicken der Maus muss in dem Moment passieren, in dem ich klicke. Die Bestätigung, dass mein Geld erfolgreich versendet wurde, will ich wenige Sekunden später in meinem Postfach haben. Die Information, dass meine Störungsmeldung bearbeitet wird, darf maximal Minuten auf sich warten lassen – sonst werde ich ungeduldig.
Überlege dir, wie viel Zeit verstreichen darf, bis Du das Feedback gibst. Je schneller, desto besser.
4. Welches Feedback kann ich geben, wenn die dringlichste Information noch nicht vorliegt?
Jede Feedback-Schleife sollte ein Backup haben, wenn die wichtigste Information nicht verfügbar ist. Bei der Störungsmeldung beispielsweise ist der Grund der Störung nicht sofort ersichtlich – daher wird die nächstmögliche Information zurückgegeben: Wir sind dran, wir kümmern uns.
Nicht immer ist es möglich, das perfekte Feedback zu geben. Das ist auch nicht weiter schlimm. Nicht umsonst heißt es Fast-Feedback – und nicht Right-Feedback oder Truth-Feedback.
Der Punkt ist: Es geht vor allem darum, dass etwas rückgemeldet wird, selbst dann, wenn es eine bloße Bestätigung ist. Das Klicken des Mausbuttons ist eine sehr befriedigende Rückmeldung, die lediglich die Information, dass der Klick registriert wurde, transportiert. Mehr nicht. Aber ohne diese Rückmeldung wäre die Maus kaum zu gebrauchen.
Das Beispiel der Maus lässt sich auf viele Businessprozesse und Produkte übertragen. Welche Erfahrungen habt ihr mit dem Fast-Feedback bereits gesammelt?